In meinen Coaching Sessions spreche ich oft darüber, wie verrückt es eigentlich ist, dass wir Menschen, die vermeintlich normalsten Sachen aus dem Einmaleins des Menschseins, in den heutigen Zeiten wieder neu lernen müssen. So "einfache" Sachen, wie still sitzen und gar nichts tun. Nichts. Sehr schwierige Sache für viele von uns heutzutage, denn wir sind "zu busy" - sind wir das wirklich, oder machen wir uns "zu busy" und - warum eigentlich?
Meine Großmutter, die jetzt auf die 90 zugeht, konnte das noch als erwachsener Mensch: sie konnte sich auf eine Bank vor ihrem Haus setzen und einfach - sein. Einatmen ... ausatmen und dabei einfach nur still sitzen ... den eigenen Körper und die unmittelbare Umgebung wahrnehmen. Sie konnte das ganz einfach so. Und ihr Leben war alles andere als einfach. Trotzdem brauchte Sie dazu keinen Yoga-, Atem- oder Mindfulness Lehrer. Das war damals noch im Skill-Set von "Normal Sein".
Hatte meine Großmutter also spezielle Fähigkeiten? Nun ja, sie hatte den 2. Weltkrieg als Kind miterlebt und war in Dresden als im Februar 1945 die Bomben fielen. Das prägt ohne Zweifel. Später war sie Mutter von 8 Kindern in einer schwierigen Ehe und eine einfache, hart arbeitende Person. Sie war mit Sicherheit sehr busy - wie hat meine Großmutter es dann geschafft, entspannt zu bleiben?
Sie hatte einen großen Vorteil: es gab keine Smartphones, keine Tablets. Es gab Radio und Fernsehen. Die technologischen Ablenkungen waren noch nicht so groß (besonders in der ehemaligen DDR). Die Technik war weniger trickreich, kaum marketingorientiert und selten so abhängig machend wie heutige gadgets. Technologie hatte damals noch nicht den starken Einfluss auf unsere Gehirnstruktur und unser soziales Verhalten, wie es heute der Fall ist.
Egal, die Technologie ist jetzt da. Das Ruder reißen wir nicht mehr rum. Wir haben es gemacht und das ist auch in Ordnung so. Jetzt müssen wir wohl nur noch lernen, wie wir unsere Werkzeuge klug und bewusst einsetzen, anstatt uns komplett von unseren eigenen Kreationen vereinnahmen zu lassen - und uns dabei gegenseitig über den Haufen fahren oder rennen, weil wir nur noch in unser Smartphone glotzen und am Ende noch vergessen zu atmen.
Ich liebe Louis C.K. Er ist ein brillanter Comedian, ein brutal ehrlicher, sensibler, und tiefsinniger Mensch. Bei einem Besuch in der Talkshow "CONAN" spricht Louis C.K. über sein Verhältnis zu Smartphones und was diese Technologie aus seiner Sicht mit uns macht bzw. was wir damit mit uns selbst machen. Das Ergebnis ist eine scharfsinnige und witzige Betrachtung über den urbanen, übertechnisierten Menschen des 21. Jahrhunderts, die etliche Klicks im Netz gesammelt hat.
Louis C.K. bringt es auf den Punkt:
"Du musst Dir die Fähigkeit aneignen, einfach Du selbst zu sein und nichts speziell zu machen. Das ist es, was die Telefone uns wegnehmen, die Fähigkeit einfach nur dazusitzen. Das ist es, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Denn am Grunde aller Dinge im Leben, da ist dieses Etwas, diese Leerheit - für immer leer. Das Wissen, das alles letztlich umsonst ist und das man im Grunde allein damit da steht. Das ist da."
"You need to build an ability to just be yourself and not be doing something. That's what the phones are taking away, is the ability to just sit there. That's being a person. Because underneath everything in your life there is that thing, that empty—forever empty. That knowledge that it's all for nothing and that you're alone. It's down there." Louis C.K.