Der Weg des Zen

Photo: Torsten Mahr

Foto: Torsten Mahr

Wenn ich heute zurückblicke, dann sehe ich meine intensive künstlerische Schaffensphase, die mit 15 Jahren begann und mich bis fast bis zum 30. Lebensjahr beschäftigte, als mein Einstieg in die spirituelle Praxis. Beim täglichen Malen und Zeichnen konnte ich alles um mich herum vergessen, wurde Eins mit Allem, vergaß Zeit und Raum. Diese Momente empfand ich immer als zutiefst friedlich und voller Schönheit. Während meines Philosophiestudiums in Dresden bin ich Dank Prof. Dr. Dr. Irrgang mit der indischen Mythologie und den Lehren der Upanishaden in Berührung gekommen. Diese Lehren haben von Rückzug in die Natur, Meditation und Yoga als Weg zur Erkenntnis gesprochen und mich damit sofort im Herzen berührt. Ich habe angefangen Yoga zu praktizieren – erlernt aus Büchern und mithilfe meines Onkels, dem Künstler Paul Ghandi, der sich als junger Mann in der DDR lebend den Yoga so gut es ging, selbst aus alten Büchern erschlossen hatte. Yoga war damals noch nicht so populär wie es heute ist.

Eines Abends öffnete ich auf einer Party ein Buch mit dem Titel “Die Lehren des Buddha”, las die “Vier Edlen Wahrheiten” und weitere Ausführungen des Buddha und war wie vom Donner gerührt: Nichts, was ich bis dahin an westlicher Philosophie gelesen hatte, konnte mit der Klarheit, Tiefe und dem Mitgefühl mithalten, dass durch die Zeilen sichtbar wurde. Auch der Buddha sprach u.a. von Meditation und Achtsamkeit als wichtigem Werkzeug zu tiefer Erkenntnis – und auch er war ein Yogi. Intuitiv war mir damals schon klar, dass Buddha mit seiner Lehre, noch einen Schritt weiter ging als die Yogis, die die Upanishaden verfasst hatten. Ich las dann alles, was ich über Buddhismus finden konnte und lernte so den Zen-Buddhismus kennen. Zur gleichen Zeit traf ich im Jahr 2004 auf einen Kommilitonen, der schon Zen praktizierte, an Zen-Meditationsklausuren teilnahm und Kontakt zu Lehrern hatte. Er ermutige mich, das Lesen der Zen-Bücher sein zu lassen und mich stattdessen tiefer der Meditationspraxis zu widmen.

Kurz darauf ging ich zusammen mit einem Dresdner Freund, dem Fotografen David Pinzer, auf eine 2-monatige Abenteuerreise in den nordindischen Himalaya. Zu Fuß, mit Lobsang, einem Einheimischen, und seinen drei Pferden, die unseren Proviant, Zelte und Ausrüstung trugen, durchquerten wir die Region Ladakh/Zanskar in einem 3-wöchigen Fußmarsch von Darcha nach Lamayuru (üblicherweise wird von Lamajuru nach Darcha gegangen). Dabei bewegten wir uns im Durchschnitt auf 3500m Höhe und überquerten zu Fuß viele hohe Gebirgspässe von bis zu 5062m Höhe. Auf dem Weg besuchten wir zahlreiche abgelegene Tibetisch-Buddhistische Klöster u.a. Tikse, Phukthal, Karsha, Lingsched, Alchi. Nach der 3-wöchigen Wanderungen blieben wir noch zwei Wochen in Leh und haben von dort Ausflüge ins Nubra Valley und zum See Tso Moriri (4522m) unternommen.

Auf dieser Reise bin ich das erste Mal bewußt mit buddhistischen Mönchen, Nonnen und Laien-Buddhisten in Berührung gekommen. Es fühlte sich bekannt und vertraut an und ich meditierte fast täglich auf dieser Reise. Die Erinnerungen an diese stillen Stunden inmitten dieser gewaltigen Berge, dieser Weite und die tiefe Stille am See Tso Moriri wirken in mir bis heute nach.

Bald nach meiner Rückkehr traf ich den Kommilitonen wieder, der gerade dabei war, eine Zen Gruppe in Dresden zu gründen. Ich war sofort dabei und bin dann im Sommer 2005 in meine erste 14-tägige Zen-Klausur in ein Zen-Zentrum (Wu Bong Sa) nach Polen gefahren. Zusammen mit den Freunden der Dresdner Zen Gruppe haben wir dann im Jahr 2006 das Zen Zentrum Dresden gegründet– ein modernes Zen-Buddhistisches Zentrum in der Tradition der Kwan Um Zen Schule, eine von dem Koreanischen Zen Meister Seung Sahn Sunim gegründete Linie, die aus dem Koreanischen Seon (Zen) Buddhismus hervorgegangen ist.

Das Zusammenleben in dieser „spirituellen Wohngemeinschaft“ ist geprägt von gemeinsamer täglicher Meditation und ehrenamtlicher Tätigkeit, um Interessenten zu helfen, Zen in einem modernen urbanen Alltagskontext zu erlernen und praktizieren zu können – mehr dazu erzählt dieses Interview mit der Sächsischen Zeitung.

Impressionen vom Leben im Zen Zentrum Dresden

Seit meinem ersten Retreat bin ich mit wunderbaren Zen-LehrerInnen in Berührung gekommen. Im Jahr 2006 traf ich den in Südkorea sehr bekannten amerikanischen Zen Mönch und -Lehrer Hyon Gak Sunim in einem Zen Retreat in der Slowakei, in dem er unterrichtete. Wir hatten sofort eine starke, authentische Verbindung und so verbrachte ich die folgenden 10 Jahre an seiner Seite und habe Zen maßgeblich unter seiner Anleitung und mithilfe seiner großzügigen Unterstützung geübt. Als sein Schüler, jahrelanger Vertrauter und Assistent habe ich Hyon Gak Sunim viele Jahre in Europa, Asien und den USA auf Seminaren, Workshops und Retreats begleitet und unterstützt. Im Jahr 2016 habe ich von meinem Lehrer getrennt.

Dokumentation über Hyon Gak Sunim, mit Szenen (ab 13:44) aus unserer gemeinsamen Zeit.

In diesen intensiven 10 Jahren habe ich auch die Ausbildung zum Senior Dharmalehrer (Zen-Priester) in der Tradition der Internationalen Kwan Um Zen Schule absolviert. Dabei habe ich auch mehrfach in Klöstern in Südkorea unter der Leitung von Zen Meister Dae Bong Sunim und Zen Meisterin Bon Shim u.a. praktiziert. Zudem hatte ich im Winter 2015/2016 die Möglichkeit weitere drei Monate in einem kleinen abgeschiedenen traditionellen Bergkloster des Koreanischen Zen Mönchs Dok Hyon Sunim in einer kleinen internationalen Gruppe aus Zen-Praktizierenden intensiv zu üben.

Seit 2014 vermittelte ich die Lehren des Zen auch als Coach in Unternehmen und Non-Profit Organisationen. Dabei führe ich meine eigenen Erfahrungen als Freelancer und Unternehmer mit den Erfahrungen aus dem klassischen Zen Training zusammen. Der Fokus liegt hier auf Achtsamkeits- und Empathietraining. Das Coaching umfasst Achtsamkeitsschulung, einfache Atemübungen, sowie stille und geführte Meditation.


Werdegang

seit 2005
Zen-Training in der Tradition der Kwan Um Zen Schule unter der Leitung verschiedener Zen-LehrerInnen/ MeisterInnen. Jährlich mehrere intensive 1-2 wöchige Zen-Klausuren (Retreats) im Schweigen mit 8-10+ h formeller Meditation täglich.

Die Praxisformen innerhalb meiner Ausbildung umfassen Zazen (Meditation im Sitzen), Gehmeditation, Sutra-Chanting (Rezitation von klassischen buddhistischen Texten), Koan- und Mantrapraxis, Niederwerfungen (eine dynamische, körperbetonte Meditationspraxis), als auch das Erlernen von Achtsamkeit bei alltäglichen Aufgaben und Arbeiten.

2006 - 2012
Mitbegründer und Direktor des Zen Zentrum Dresden /  6 Jahre Bewohner des Zentrums und tägliches Zen Training unter der Leitung verschiedener Zen-LehrerInnen/ MeisterInnen.

2008
Abschluss des Studiums an der TU Dresden als Magister Artium (M.A.) in Philosophie & Kunstgeschichte

2009
nach Absolvierung des mehrjährigen Trainings und einer traditionellen 90 Tage Zen-Meditationsklausur in Korea: Ordination zum Dharma-Lehrer (Zen Priester) in der Tradition der Kwan Um Zen Schule. Buddhistischer Name: Mu Bul 無佛 (Kein Buddha; Buddha ist leer).

2011
Gründung der Firma DharaniSYNC OHG // Geschäftsführender Partner.

Ashtanga Yoga Retreat // 60 Tage Yoga / Zen Retreat mit Hyon Gak Sunim
Erlernen der Ashtanga Primary Series unter der Anleitung von Yoga Lehrerin Kristina Karitinou-Ireland.

2008 / 2013 / 2015
Absolvierung der traditionellen 90 Tage Zen-Meditationsklausur in Gruppenretreats (korean.: Kyol Che, jap.: ango) im Schweigen in Zen-Klöstern in den Bergen Südkoreas.

2014 / 2016
mehrwöchige Solo-Meditationsklausuren in abgelegenen Berg- oder Waldhütten allein in der Natur. 

seit 2014
selbständige Tätigkeit als Vortragsredner, Life Coach und Trainer für Achtsamkeit in Unternehmen

2017
Zertifizierung und Autorisierung zum Senior Dharma-Lehrer in der Tradition der Kwan Um Zen Schule durch Zen Meister Dae Kwang Sunim

seit 09-2020
4-jährige Ausbildung zum zertifizierten BDY Yogalehrer (800 Stunden) in der Yogaschule Dresden


Business

Ein wichtiger Teil meines spirituellen Weges war und ist es unternehmerisch tätig zu werden – etwas, das ich vor 10 Jahren als ich aktiv künstlerisch tätig war, nicht mal im Traum auch bloß in Erwägung gezogen hätte! Eine Firma zu gründen birgt viele Risiken und Unsicherheiten, und die ersten Jahre waren eine harte Schule. Doch wie viele andere spirituell intensiv praktizierende Menschen in unserer westlichen Gesellschaft habe auch ich mich für ein spirituellen Weg im Westen entschieden. Und dazu gehört, dass wir lernen, uns selbst zu versorgen, ohne unsere Meditationsübung zu vernachlässigen bzw. in den Alltag flexibel zu integrieren. 

Mein Weg führte mich zuerst konsequent in die Selbstständigkeit und einige Jahre später in die Gründung einer eigenen Firma. Nach der erfolgreichen Beratung (Marketing/ Präsentation) einiger Start-ups, wagte ich 2011 zusammen mit einer Partnerin, den Schritt selbst ein Unternehmen zu gründen. Unsere Firma DharaniSYNC OHG vertreibt und vermarktet Produkte des südkoreanischen Herstellers EDUTIGE® exklusiv in Deutschland und Europa. Nach 2-3 wenig fruchtbaren Jahren und einem Markt, der sich technologisch stark gewandelt hat, haben wir das Unternehmen in 2023 geschlossen.

Diese Unternehmung war besonders am Anfang alles andere als leicht und ich stand genau wie andere Gründer auch vor den gleichen existentiellen Fragen und Nöten. Doch mein Zen-Training war eine große Hilfe dabei, nicht zu verzweifeln, sondern immer wieder zu einem Bewusstsein zurückzukehren, das sich offen und ohne Erwartungen den Dingen stellt, wie sie sich auch immer gestalten mögen. Dieses Spannungsfeld aus spiritueller Praxis und Unternehmertum hat mich letztlich viel gelehrt und meine Meditationspraxis nur bereichert.

Kunst & Fotografie

Als studierter Kunsthistoriker und Philosoph (M.A.) hege ich zudem eine große Liebe zur Kunst. Diese hat mich ohne Zweifel stark in meinem ästhetischen Empfinden geprägt und inspiriert meine Arbeit bis heute. Viele Jahre habe ich mich intensiv schaffend im Bereich Grafik und Malerei betätigt. Ebenso habe ich mich mehrere Jahre künstlerisch und kommerziell in der Fotografie betätigt, die man hier sehen kann:

CAPTURE THE SILENCE // Photography by Sven Mahr